Der lange Weg zum perfekten Soda Zitron
Es ist wohl das nichtalkoholische Nationalgetränk der Österreicherinnen und Österreicher: Das Soda Zitron, liebevoll auch „Sozi“ genannt. Während man in Sizilien für ein „Seltz limone e sale“ das Wasser mit Salz abschmeckt, setzt man hierzulande auf nur zwei Zutaten: Sodawasser und Zitronensaft. Entscheidend ist aber die Qualität. Konzentrate oder Saft aus der Dose sind tabu, nur wer den Saft frischer Zitronen verwendet, verpasst dem Wasser eine erfrischende Note voller Vitamin C. Doch selbst die feinsten Früchte und das prickelndste Soda machen bei den Kosten nur einen Bruchteil aus. In seiner Rolle als unabhängige, moralische Instanz verriet Starkoch Robert Letz (Er ist kein Mitarbeiter des Lokals!) verblüffende Details, die wohl niemand bei einem so simplen Getränk vermutet hätte. Letz: „Beim Soda Zitron verhält es sich so ähnlich wie bei einer Melange. Es ist ein Getränk, das von vielen ohne einen genauen Blick auf die Preisliste bestellt wird. Entpuppt sich der Preis auf der Rechnung höher als die ,gefühlten` Kosten, ist der Gast oft überrascht bzw. verärgert.“ Ähnlich dürfte auch ein Gast empfunden haben, der sich via Twitter über den Preis für 0,5 Liter Soda Zitron im Strandcafé an der Alten Donau beschwert und so einen regelrechten Sturm im Blätterwald ausgelöst hat. Doch wie so oft im Leben hat alles zwei Seiten. Dringt man tiefer in die Materie ein, zeigt sich, dass das Soda Zitron eigentlich einen Sonderfall in der Gastronomie darstellt und in Wahrheit kein billiges „Saftl“ ist.
4 Kilo Bio-Zitronen ergeben 1 Liter Saft
Robert Letz: „Die Herstellung von 0,5 Liter Sozi bedeutet einen weitaus höheren Aufwand für den Wirt als z.B. ein halber Liter Fruchtsaft aus der Flasche oder ein Bier“, so der Spitzengastronom. Während Bier und Co. direkt ins Haus kommen, müssen die Bio-Zitronen im Großhandel besorgt werden und das geht ins Geld. Letz: „Bio-Zitronen kosten durchaus 50 Cent pro Stück und die aus einer Zitrone gewonnene Saftmenge variiert. An reinen Materialkosten kommt das CO2 dazu, das entweder in einem externen Carbonator oder direkt aus der Schankanlage beigemischt wird.“ Im konkreten Fall muss für 20 Soda Zitron 1 Liter Zitronensaft aus 4 Kg Bio-Zitronen von Hand gepresst werden. Bei einem Großhandelspreis von 4,20 Euro / Kilo, kostet 1 Liter Saft stolze 16,80 Euro oder auf ein Glas Soda Zitron heruntergebrochen ca. 0,84 Euro. Ein großer Brocken neben den eher vernachlässigbaren Kosten fürs Soda (ca. 4 Cent pro halben Liter) ist das Personal. Das Team des Strandcafés griff zur Stoppuhr und ermittelte 30 Minuten fürs Pressen von 1 Liter Saft, die mit 10 Euro 50 Cent (Stundensatz 21 Euro brutto) entlohnt werden. In jedem Soda Zitron stecken also mindestens 50 Cent an Lohnkosten, Service nicht einberechnet. Um den Saft-Bedarf aller Gäste zu decken, ist ein Mitarbeiter täglich 2 Stunden nur mit dem Auspressen der Früchte beschäftigt. Kein Wunder, besuchen doch an starken Tagen bis zu 2000 Gäste das Lokal mit dem berühmten XXL-Floß auf dem Wasser und den „besten Ripperln“ der Stadt.
Sonderfall Zitronen und gratis Wasser
Während andere Lokale schon 1,50 Euro nur fürs Servieren berechnen, sind sowohl das Leitungswasser als auch der Service im Strandcafé an der Alten Donau kostenlos. Schwer zu berechnen sind hingegen die Kosten für Handling, Lagerung, Kühlung und Entsorgung. Kann ein Bierfass beim Lieferanten einfach retourniert werden, müssen Zitronenschalen kostenpflichtig mit dem Restmüll entsorgt werden. Das Kompostieren ist, so wie auch bei Orangen, nicht so einfach möglich, da Zitrusfrüchte nur sehr langsam verrotten. Letz: „Der Aufwand ist also sehr hoch und verdorbene Früchte, die leider bei jeder Lieferung anfallen, das Abwaschen der Gläser, sowie Glasbruch verursachen zusätzliche Kosten. Wenn Sie also das nächste Mal ,nur´ ein Soda Zitron bestellen, dann denken Sie bitte auch an die Arbeit, die in dem scheinbar so simplen Getränk steckt!“